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I. Allgemeine Eindrücke

I. 1. Kleinigkeiten am Rande

I. 2. Museumsstück

I. 3. Sumpf

I. 4. Seifenblasen

I. 5. Der feine Unterschied

I. 6. Leergut

II. Konkrete Fragen

II. 1. Mythos

II. 2. Rechenkunst

II. 3.  Konsequente Inkonsequenz I

II. 4. Das 'Urwort des Seins'

II. 5. Konsequente Inkonsequenz II

II. 6. Heiligung

II. 7. Wahrheit

Nachwort

Zusammenstellung der Fragen

Literaturverzeichnis

 

Rechtfertigung

I. Allgemeine Eindrücke

I. 6. Leergut

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I. 6. Leergut


 
  In Hamburg gibt es eine Akademie für Fernstudien. Die betreibt eine 'Schule des Schreibens'. Zu diesem Zwecke verschickt sie Lehrhefte an ihre fleißigen Fernschüler. In Lehrheft 3 von 1998 heißt es:
 
  S. 28 "Wörter, die für eine bestimmte Menschengruppe eine besondere Bedeutung haben, bezeichnet man als Spezialsprachen oder als Fachjargon . . . Techniker, Advokaten, Naturwissenschaftler, Theologen, Ganoven haben ihren speziellen Wortschatz, den sie verstehen, der für die Außenstehenden aber ein ziemliches Kauderwelsch ist. Dieser Wortschatz ist voller Privatausdrücke, völlig verständlich unter den Eingeweihten, aber wertlos außerhalb dieses Kreises.
 
  S. 14   "Jede Fachdisziplin wacht eifersüchtig über die Exklusivität . . .  zuweilen nimmt eine solche Sprache parodistische Züge an, schlimm ist dabei, daß die Benutzer dieser Fachsprache es nicht mehr merken . . . Imponiergehabe . . . Bedenklich ist, wenn sich Fachvertreter mit ihrer Sprache an die völlig unvorbereitete Öffentlichkeit wenden.
 
  . . . 'Sprachnebel'. Er stellt sich immer dann ein, wenn ein spezielles Wort . . . aus dem engen Umkreis der Fachsprache herausgenommen und nur noch in 'ungefährer' Bedeutung ver- wendet wird. Das ist höchst gefährlich für die Verständlichkeit."
 
  "Sprachnebel": Theologen-Sprache wäre ein dankbares Thema für zahlreiche Doktor-Arbeiten zu diesem Thema! Schon allein die Bedeutung des Wortes 'Wort' in der evangelischen Theologie bietet Stoff für mehrere tausend Seiten . . .
 
 
  "Parodistische Züge"! Beispiel gefällig? Noch einmal das Lindemann- Interview in "DER SPIEGEL" 50/99 Seite 134:
 
  "SPIEGEL: Ist es für sie ein Problem, einerseits überzeugt zu sein, dass es keine Jungfrauengeburt gegeben hat, und andererseits das Glaubensbekenntnis zu sprechen: 'Geboren von der Jungfrau Maria'?
  Lindemann: Nein, überhaupt nicht. Glauben, das kann ich auch als kritischer Exeget tun, weil Matthäus und Lukas erzählend die Glaubensüberzeugungen vermitteln, dass Jesus in noch ganz anderer Weise als vor ihm Johannes der Täufer mit dem Heiligen Geist und mit Gott verbunden ist.
  SPIEGEL: Hielt sich Jesus für Gottes Sohn?
  Lindemann: Nein.
  SPIEGEL: Trotzdem schreibt Walter Kasper . . . dass 'mit dem Bekenntnis zu Jesus als dem Sohn Gottes der christliche Glaube steht und fällt'. Noch strikter heißt es im römisch-katholischen 'Weltkatechismus': 'Um Christ zu sein, muß man glauben, dass Jesus Christus der Sohn Gottes ist.' Warum müssen Christen glauben, was Jesus selbst nicht glaubte.
  Lindemann: . . . in der Sache gebe ich Kasper und sogar dem Weltkatechismus Recht. Es geht nicht darum, ob Jesus der Sohn Gottes war, sondern um das Bekenntnis, dass er der Sohn Gottes ist."
 
  Parodistische Züge! Dennoch, Lindemann meint das ernst. Unter Fachtheologen ist eine solche Argumentation üblich und völlig selbst- verständlich. (Stichwort: "geschichtslose Seifenblasen-Theologie".)
 
  "Bedenklich ist, wenn sich Fachvertreter mit ihrer Sprache an die völlig unvorbereitete Öffentlichkeit wenden." Denn dort kommt mitunter die Frage auf, ob diese Hirn-Akrobatik u. U. Ausdruck einer besonders eigenartigen Form von Geisteskrankheit ist ? (Augstein bezeichnet sie als "Schizophrenie")
 
  In der Öffentlichkeit gilt: "Eure Rede aber sei: Ja, ja; nein, nein. Was darüber ist, ist vom Übel" (Mt 5,37). Entweder Maria war eine 'Jungfrau', dann soll Theologie auch dazu stehen. Oder sie war es nicht, dann darf man so nicht reden. Und schon gar nicht kann man verlangen, daß Gemeinde solchen - in diesem Falle - Unsinn öffentlich bekennt.
 
  Dies gilt sinngemäß für alle Aussagen in den Bekenntnissen. Entweder Jesus war tatsächlich der Sohn Gottes, dann wollen wir uns gerne zu ihm bekennen. Oder er war das nicht, dann darf man nicht solche "Bekenntnisse" aus den Fingern saugen und in die Welt setzen. Christen sind keine Zirkuspferde, die artig im Kreis herum traben und auf Kommando unsinniges "verbo" wiehern!
 
  Mit anderen Worten, 1Ko 14,7ff: ". . . wie kann man erkennen, was da gepfiffen und geharfet wird? Wenn die Posaune einen undeut- lichen Ton gibt, wer wird zum Streit rüsten? . . . Wenn ich nicht weiß der Sprache Bedeutung, werde ich den nicht verstehen, der da redet, und der da redet wird mich nicht  verstehen."
 
  (Für diese babylonische "verbo"-Verwirrung mag es ja Begründungen geben. Dennoch, der 'moderne Mensch' fragt nicht, warum wir so oder so formulieren. Er fragt - wenn überhaupt - was wir glauben. Und erwartet klare, verständliche Antworten. Doch die bekommt er nicht, indem man ihm 2000 Jahre Theologie-Geschichte um die Ohren haut. Denn dadurch wird die "Beschneidung am Fleisch" nur durch eine "Beschneidung am Verstand" ersetzt; siehe Apg 15,1.10)
 
  "Parodistische Züge . . . schlimm ist dabei, daß die Benutzer dieser Fachsprache es nicht mehr merken":
 
  SPIEGEL: "Was halten Sie denn von den Visionen, die Paulus im 1. Korintherbrief aufzählt: dass Christus 'gesehen' worden sei, zuerst von Petrus . . . Was wäre auf dem Film gewesen, wenn damals eine Kamera diese Visionen hätte aufnehmen können?
  Lindemann: Man würde auf dem Film die von Paulus erwähnten Menschen, vielleicht ihre Reaktionen, aber gewiss kein filmisch wahrnehmbares Gegenüber sehen."
 
  Es soll Gestalten geben, die haben kein Spiegelbild. Sie erscheinen und verhalten sich wie ganz normale Menschen, nur in einem Spiegel kann man sie nicht sehen. Dies gilt sicher sinngemäß auch für Fotografien usw. Wenn nun der Auferstandene gesehen wurde (u. a. von mehr als 500 Männern auf einmal), mit einem Film aber nicht hätte auf- genommen werden können, dann gibt es nur eine Erklärung: nach der Auferstehung war Jesus ein Vampir (s. auch Stichwort 'Abendmahl' . . . ) Es lebe die moderne evangelische Theologie ! ! !
 


 
  Diese Erkenntnis ist die aufregendste. Andere sind nicht so sensationell, jedoch von größerer Bedeutung; "DER SPIEGEL" 50/99 Seite 136:
  SPIEGEL: "Alle neutestamentlichen Aussagen, die den Tod Jesu als Heilsereignis verstehen, sind erst nach Jesu Tod entstanden", so der Frankfurter Theologe Hans Kessler. Also verstand auch Jesus selbst seinen Tod nicht als Sühnetod für die Sünden der Menschen, wie es im Credo steht.
  Lindemann: Davon hat Jesus in der Tat nicht gesprochen. Die Worte, mit denen er seinem Sterben Heilsbedeutung zuschreibt, sind ihm nachträglich in den Mund gelegt worden . . . Auch hier gilt: Die Wahrheit des christlichen Glaubens hängt nicht vom Selbstverständnis Jesu ab.
 
  Dies ist die Überzeugung heutiger akademischer Theologie (zumindest ist L nicht bekannt, daß einer ihrer Vertreter Lindemann öffentlich widersprochen hätte): Jesu Selbstverständnis, d. h. was er wirklich gedacht und gesagt hat, ist belanglos. Es zählt, was ihm nachträglich in den Mund gelegt wurde! Damit wissen wir's: Jesus selber kann man getrost vergessen; 'Wahrheit' ist, was Theologen aus ihm machen!
 
  Einst staunten die Lehrer im Tempel über "den Verstand und die Antworten" eines Zwölfjährigen (Lk 2,47). Und heute? Staunt Jesus heute über Verstand und Antworten der Lehrer: "Wir haben diesen blassen Wanderprediger doch erst aufgelesen, ihn geschminkt und ausstaffiert, bis er einen einigermaßen passablen Sohn Gottes abgibt."?
 
  "Das ist Gottes Lamm, das der Welt Sünde trägt" (Jh 1,29). Nach Mei- nung heutiger Theologie, wußte Jesus davon nichts. Der gute Hirte hatte keine Ahnung von seinen Aufgaben. Sein Beitrag zum Christentum war verschwindend gering, ein bescheidener Erstimpuls. Entscheidend ist die geistvolle Verkündigung heute. "Die Predigt ist das Heilsgeschehen"; das charismatische Kerygma der Fachtheologen die Rettung der Welt ! ! !
 
  Lk 6,40 "Der Jünger steht nicht über dem Meister; wenn der Jünger vollkommen ist, so ist er wie sein Meister."
 
  Tja, so kann man sich irren. Akademische Theologen stehen turmhoch über ihrem Herrn und Meister ! ! !
 


 
  Um nicht ständig so weit abzuschweifen - Professor Jüngel kann hier durchaus mithalten; S. 201:"Der Glaube ist das von Herzen kommende Ja des Menschen zum Tod und zu der Auferstehung Jesu Christi. Er bejaht den Karfreitag und den Ostermorgen als die beiden großen, über alle Menschen entscheidende Ereignisse."
 
  Ist das nicht schönes "verbo"! L ist zutiefst gerührt und gern bereit, von Herzen ja zu sagen zum Ostermorgen. Nun muß ihm bloß noch jemand mitteilen: Was war denn da los? Was ist passiert am Ostermorgen ? ? ?
 
  In der theologischen Fachzeitschrift "Zeichen der Zeit" 2/98 wurde diese Frage behandelt. "Auferstehung ohne leeres Grab?" von Werner Vogler:   ". . . andererseits die neutestamentlichen Forschung in der Frage nach Ostern noch immer zu keinem Konsens gefunden hat . . . Was ist an jenem Ostermorgen mit dem in das Grab gelegten Jesus von Nazareth passiert? Auf diese Frage werden seit langem (und noch immer) ganz unterschiedliche Antworten gegeben unter denen zwei Extrempositionen herausragen.
  Die erste - traditionelle - Antwort . . . versteht die Auferstehung Jesu im antik-jüdischen Sinn als ein reales (objektives) Gesche- hen und lautet: Jesus ist als der in das Grab Gelegte aus dem Tod auferstanden. Darum war das Grab am Ostermorgen leer.
  Die zweite - besonders in neuerer Zeit gegebene - Antwort versteht . . . die Auferstehung entweder als ein spirituelles oder ein nur im Bewußtsein der Jüngerinnen und Jünger Jesu stattgefundenes (in beiden Fällen: subjektives) Geschehen. Dementsprechend lautet sie: Die Auferstehung Jesu ist ein Vorgang, der sich entweder nur in den Anhängerinnen und Anhängern Jesu vollzogen hat oder wenn auch an Jesus selbst, dann nur in einem geistigen Sinn. Auf jeden Fall ist danach der zu Karfreitag in das Grab gelegte Leib Jesu im Grab geblieben. Er ist dort verwest, so wie jeder tote Leib verwest, der in ein Grab gelegt wird."
 
  Die Damen und Herren Theologen diskutieren seit langem über Auferstehung und Ostermorgen. Einen Konsens haben sie noch nicht gefunden. Aber wir Christenmenschen sollen schon immer mal ja dazu sagen! Sicherlich wird man uns dermaleinst noch mitteilen, was wir da von ganzem Herzen geglaubt haben . . .
 
  Professor Jüngel vor der EKD-Synode 1999: ". . . können sie sich Israel gegenüber bemerkbar machen mit der Botschaft, dass der aus dem Geschlechte Davids geborene Jesus von Nazareth durch seine Auferweckung von den Toten als Gottes Sohn eingesetzt definiert worden ist (Röm 1,3f.)"
 
  Das ist Theologen-Sprache! Heißt dies in Laien-Deutsch übersetzt: "Jesus hielt sich zwar nicht für den Sohn Gottes, aber wir haben ihn halt so definiert. Über die Grundlage dieser Definition gibt es bislang keine Einigung, die Experten streiten noch - dennoch, diese Definition ist  korrekt und absolut zuverlässig. Ihr Laien könnt dem unbedingt vertrauen und euren Glauben - Leben und Sterben! - darauf gründen!" ? ? ?
 
 
  Auferstehung ist  d e r  zentrale Begriff christlicher Theologie, ist  d i e Grundlage des Glaubens, ist  d a s  Fundament unserer Kirche. Selbst Paulus schreibt: "Ist aber Christus nicht auferstanden, so ist unsere Pre- digt vergeblich, so ist auch euer Glaube vergeblich" (1Ko 15,14ff)
 
  Und dieser alles entscheidende Begriff ist nicht eindeutig definiert? Ist letztlich nichts weiter als eine leere Worthülse? Eine "verbo"-Flasche, in die jedermann genau den Inhalt füllen kann, der ihm gerade genehm ist?
 
 
  Nochmals H. Zahrnt "Die Sache mit Gott", S. 332: "Der Wert jeder Theologie entscheidet sich für Tillich daran, was sie für die Predigt leistet . . . In einem Vortrag hat er einmal die Devise ausgegeben: 'Begriffe mußt du retten, ehe du Seelen retten kannst.' Die Testfrage muß in jedem Fall sein, ob uns ein überlieferter religiöser Begriff noch etwas zu sagen hat oder nicht: Gott und Christus, Geist und Kirche, Sünde und Vergebung, Glaube, Liebe und Hoffnung, ewiges Leben und Reich Gottes [Wort Gottes, Auferstehung, Ostermorgen . . . ] . . .
  Angesichts der fast völligen Sinnentleerung der überlieferten christlichen Worte und Begriffe hat Tillich einmal den Vorschlag gemacht, die Kirche möge ein dreißigjähriges Schweigegebot über alle ihre religiösen Urworte verhängen."
 
  "Solo verbo"? Stehen Glaube, Theologie, und Kirche auf dem Fundament von sinnentleerten, nichtssagenden Wörtern ? ? ?
 
 
  Weiter, H. Zahrnt S. 280 "Käsemann spricht von einem 'weltweiten Buschkrieg', in den die theologische Diskussion entartet sei, und er fügt die tragisch-pessimistisch getönte Frage an: 'Können wir unser Handwerk anders als in dem Wissen treiben, daß die Füße derer, die uns heraustragen werden, schon längst und jederzeit vor der Tür stehen?' . . . Über den Ausgang dieses jüngsten Abschnittes der protestantischen Theologie läßt sich noch nichts Endgültiges ausmachen: Die Gesprächslage ist zur Zeit noch völlig offen, ja sie erscheint beinahe verworren."
 
  "Scriptura" lebt seit fast zwei Jahrtausenden. "Verbo" hat eine Haltbar- keit von weniger als 50 Jahren . . .   Sollte unser Glaube wirklich "allein auf Gerede" beruhen?
 


  Als Zugabe "DER SPIEGEL" 50/99 Seite 136:
  SPIEGEL: Was von all dem, was in den Evangelien über die Auferstehung steht, ist Legende?
  Lindemann:  Die Überlieferung vom leeren Grab und seinem Auffinden durch Frauen und Jünger, die unterschiedlichen Schilderungen der Begegnungen mit dem Auferstandenen und natürlich auch die Himmelfahrt.
  SPIEGEL:  War das Grab denn leer?
  Lindemann:  Das weiß ich nicht . . .
  Seite 130:
 SPIEGEL: "Augstein wirft Ihnen, Herr Lindemann, Schizophrenie vor. Als kritischer Exeget stellen Sie in ihren Büchern und Aufsätzen Widersprüche zwischen dem Menschen Jesus und dem Christentum fest; als Theologe erklären Sie, es sei 'letztlich ohne Bedeutung', ob sich das Christentum 'in Anknüpfung oder im Widerspruch zu Jesus entwickelte.'
  Lindemann: "Aus Augsteins Sicht mag das schizophren scheinen, ich sehe es nicht so. Wir Christen glauben an den gekreuzigten und auferstandenen Christus. In einer Predigt würde ich sagen: Wir glauben an Gottes Handeln an Jesus, der dadurch zum Christus wurde."
 
  Wie hat Gott denn an Christus gehandelt? "Das weiß ich nicht; ist ja eh Legende. Aber ich predige darüber - und spende damit den Christen- menschen Trost, Hoffnung, Zuversicht und Glaubensmut!" ? ? ?
 
 
  Man beachte: "In einer Predigt würde ich sagen . . . "  Sagt er in einer Predigt anderes als in seinen Fachbüchern? Benutzen Fachtheologen in Predigten ganz bewußt eine andere Sprache, ein spezielles "Predigt- verbo"?
 
  Bultmann - zum Beispiel - hat in seiner Fachtheologie alles Über- natürliche, "Jenseitige" usw. konsequent ausgemerzt. Alles, was nicht in das Weltbild des 'modernen Menschen' paßt, hat er aus der Bibel weg-interpretiert. In seinen Predigten dagegen habe er diese Dinge gelegentlich "aufblitzen" lassen. Dieses Aufblitzen wird von Bultmanns Verehrern gern als "Zeichen" seiner tiefen Frömmigkeit gewertet.
 
  Ein Laie sieht darin eher das "Zeichen" einer sich verselbstständigenden Predigt-Sprache: blumig, schwammig, nebulös, verschleiernd, mehrdeutig, nach allen Seiten interpretierbar, fromm eingefärbt . . .  
 
  Eine Sprache, die sich selbst an die Stelle der Inhalte setzt; die zum Selbstzweck geworden ist. Die Sprache derer, die sich aus der 'Geschichte' gelöst haben und nun dieser 'Geschichte', der Gemeinde, nichts mehr zu sagen haben; die aber genau dies hinter vielen Worten zu verbergen suchen.
 
 
  Ein wesentliches Ziel dieser Theologie war es, den Glauben verständlich zu machen. Moderne Menschen sollten 'glauben und verstehen' . . .   So tönten die Theologen. Und die Resultate?
 
 
  Ergebnis 1:
 
  In L's Kirchgemeinde tagt der Gemeindekirchenrat. Man spricht ausführlich über Kirchgeld, Gebäude, Fördermittel . . .   Vom Glauben spricht keiner.
  Die Landeskirche hallt wider von den Fragen: Föderation oder Kon- föderation mit Thüringen? Welche Struktur-Reform ist die nächste? Von Bemühungen um Inhalte der kirchlichen Arbeit spürt man kaum etwas.
  Die Kirchenzeitungen von Sachsen, Thüringen und Kirchenprovinz Sachsen (mit Anhalt) haben neben den jeweiligen Lokal- auch einige gemeinsame Seiten. Zu diesen gehört wohl auch die mit den Leser- briefen. Theologische Fragen werden in diesen Briefen höchst selten angesprochen . . .
 
  Mt 12,34: "Wes das Herz voll ist, des geht der Mund über". Kirchliche Beamte haben bei Bedarf stets ein 'geistliches Wort' parat. Aber im Alltag, im täglichen Leben unserer Kirche ? ? ?  Wer Augen hat zu sehen, der sieht, wie Theologie, Glaube, inhaltliche Substanz . . . im Herzen unserer Kirche immer weniger werden.
 
 
  Ergebnis 2:
 
  Die EKD hat im März 2000 eine "Studie zur Judenmission" veröffentlicht. Im Vorwort des EKD--Ratsvorsitzenden heißt es: "Die Überlegungen . . . und die Antworten . . . sind auf einen möglichst breiten Konsens innerhalb der EKD angelegt . . . "
 
  "Möglichst breiter Konsens innerhalb der EKD . . . "  Werden theologische Erklärungen der EKD nicht verfaßt unter dem Gesichtspunkt: 'Was ist der Sache angemessen; was ist theologisch richtig?'. Lautet die entscheiden- de Frage heute: 'Was ist kirchenpolitisch gewollt und durchsetzbar?'.
 
  Eine Bischöfin soll - bei anderer Gelegenheit - geäußert haben: "Es geht der Mensch vor die Lehre." Wohl sinngemäß: Mensch und Lehre haben verschiedene Interessen; stehen sich gegenüber, sind Konkurrenten? Theologie schadet dem Menschen . . . ?
 
 
  Es ist nur schwer zu belegen; aber der Geruch ist intensiv: "Es geht die Kirchen-Politik vor die Theologie." Die Kirchenleitungen entscheiden, wo es lang geht. Wenn es ernst wird, haben Theologen nichts zu sagen. Kirchenfürsten geben die Richtung vor und Theologen liefern die passenden  Formulierungen? "Verbo" ist geduldig?
 
  Und wenn sich 'Theologie' doch einmal zu Wort meldet? Wenn (erstaunlicherweise) mehr als 250 Fach-Theologen einig sind und Bedenken zur "Gemeinsamen Erklärung" anmelden? Dann wird "das Fähnlein der Aufrechten" belächelt und ignoriert. Theologie ist ja nur "akademischer Streit um Formulierungen" . . .
 
 
  Ergebnis 3:
 
  L's geliebte Zeitung "Die Kirche" auf der Titelseite: ". . . herrscht bei den Medien Funkstille in Sachen Kirche. Der Grund dafür ist ebenso einfach wie bedauerlich. Die Kirchen, so lautet das vernichtende Urteil einer jetzt vorgestellten Studie des Institutes für Medien- analysen, haben ein überaus schlechtes Image bei den Medien und kommen deshalb kaum vor. . . Die evangelische Kirche erkaufe sich Wohlwollen durch angepaßtes Verhalten und Nichtpräsenz . . . "
 
  Nochmals "Die Kirche" 20/00 S.1: "Es war der Tübinger katholische Theologieprofessor Dietmar Mieth, der den Finger in die offene Wunde legte. Kirchliche Stellungnahmen . . . spielten gerade in der Auseinandersetzung um die Gentechnik eine immer geringere Rolle . . . "
 
  Und noch einmal "Die Kirche" 9/00: ". . . der Leiter des ZDF-Studios Erfurt, stellte fest, dass Glauben und Kirche kaum zum Medien- thema werden können. 'Was aus der Kirche kommt, ist für uns unglaublich schwer zu verstehen.'  . . . Kirchliche Sendungen, so der Journalist , seien in der Regel 'grauenvoll betulich'."
 
 
  Hört Ihr's, Ihr Theologen ! ? !    Hört Ihr's ? ? ?
 
  Mt 5,13 "Wo nun das Salz dumm wird, womit soll man's salzen? Es ist hinfort zu nichts nütze, denn daß man es hinausschütte und lasse es die Leute zertreten."
 
  "Verbo" wird nicht nur von 'den Leuten auf der Straße' zertreten. Es verliert auch innerhalb der Kirche immer mehr an Bedeutung. Denn wer soll das Wort von Menschen achten, die an einem so verachteten Buch wie der Bibel arbeiten. Wer soll  T h e o l o g e n  respektieren, die sich ihres Faches schämen; die Gottes Wort schamhaft verstecken und durch eigenes Reden ersetzen?
 
  Liebe Theologen, wenn Ihr die Bibel schon nicht ehrt um ihrer selbst willen (oder um Gottes willen), so tut es wenigstens für Euch selber. Wenn Ihr "scriptura" durch "verbo" ersetzt, sägt ihr an genau dem Ast, auf dem Ihr sitzt. Und Kirche wird immer mehr zu einer 'dummen', zer- tretenen Einrichtung.
 
 
 
  (In Klammer noch eine Zugabe: Exkurs Laien-Theologie
 
  Unsere Welt ist unvorstellbar schön und noch unvorstellbarer kompliziert. Der Kosmos mit seinen unendlichen Weiten, unzähligen Sternen, schwarzen Löchern, Galaxien, super Novas, Strahlen, Wellen, Planeten, Sternschnuppen, Lichtgeschwindigkeit . . . Oder, was ist das - ein Atom. Kein Mensch weiß, woraus wir letztlich bestehen. Welle oder Teilchen? Im Grunde aus lauter Nichts; wenn diese Atome plötzlich stille stünden, wir wären alle spurlos verschwunden. Unvorstellbar, unbegreiflich.
 
  Das Leben, die Zellen, das Auge, eine Hand, das Herz, das Gehirn - Wunder über Wunder. Das Denken, die Liebe, Schönheit, Kunst, Hoffnung - unbeschreibliche Geschenke. Blumen, Bäume, Algen, Fische, Vögel, Mücken, Elefanten, Schneeflocken, Menschen - wunderbare, unbeschreibliche Vielfalt; keiner ist wie der andere.
 
  Da kann man zum Kind werden und staunen: "Gott, der Herr, hat sie gezählet, daß ihm auch nicht eines fehlet an der ganzen großen Zahl . . . "
 
  Dies alles ist nicht von allein, zufällig, entstanden. Das hat jemand mit Verstand, Willen und Kraft gemacht. Laien sagen von Herzen ja zu "Ich glaube an Gott den Vater, den Allmächtigen, den Schöpfer des Himmels und der Erde."
 
  Ist es wirklich so laienhaft dumm, zu denken: Wenn Gott diese unglaublich komplizierte Welt geschaffen hat, kann er auch ein Buch 'schaffen'? Und zwar genau so, wie er es haben will. Und genau mit der Methode bzw. 'Schöpfungs-Technik', die er für richtig hält.
 
  Das Wort ward Fleisch. Gott wurde Mensch; ein ganz normaler Mensch, der nichts Mirakulös-Sensationelles hatte. Vielleicht mit Plattfüßen und Hämorrhoiden. Aber er war der Sohn Gottes. Und Gott hatte Wohlgefallen an ihm.
  Das Wort ward Schrift. Auf eine Weise, die nichts Mirakulös- Sensationelles hat. Die Bibel ist ein ganz normales Buch. Mit geistigen Plattfüßen und Hämorrhoiden, mit Fehlern und Irrtümern. Aber es ist das Wort Gottes. Und Gott hat Wohlgefallen an ihm.
 
  Ist es wirklich so klug, dieses "Wort Gottes" durch Theologen-"verbo" zu ersetzen?
 
 
  Man möge einem dummen Laien verzeihen, wenn ihm ist nicht wohl dabei ist. Und sich noch weitere Parallelen aufdrängen: Jesus, das Fleisch gewordene Wort, wurde von Theologen 'eliminiert'. (Zumindest haben sie es veranlaßt.) Dem Schrift gewordene Wort erging es einige Zeit ebenso. Heute gibt man sich etwas großzügiger und verfährt nach dem Motto: "Nicht eliminieren, nur interpretieren." Das klingt beinahe wie: lassen wir es am Leben, aber es hat nach unserer Pfeife zu tanzen.
 
  Das "Wort Gottes" Wachs in den Händen der Interpreten-Schar? "Scriptura" als Zitate-Steinbruch für phantasievolle "verbo"-Kunst? Jesus willenloser Knecht und braver Diener der Hohenpriester und Schrift- gelehrten ? ? ?
 
  Der Witz ist: zumindest einige der heutigen Schriftgelehrten scheinen allen Ernstes davon auszugehen . . .  Klammer zu.)

I. 7 Märtyrer  (Zeugen)


 
  Die Kirchenzeitung triumphiert. Auf der Titelseite: "Absage an die Judenmission . . . Juden stünden 'keineswegs im Status der Heilsferne und Heillosigkeit' . . . 'organisierte' Missionsarbeit soll nach dem Willen der EKD künftig unterbleiben."
 
  Im März 2000 wurde von der EKD die amtliche Studie "Christen und Juden III" veröffentlicht. Diese ist diplomatischer als die linkslastige Presse. Dennoch, an den entscheidenden Punkten ist die Sprache eindeutig; S. 46ff: ". . . als theologische Instrumente christlicher Über- hebung über Israel mißbraucht . . . planmäßig durchgeführte, personell und institutionell organisierte Aktivität . . . Juden . . . lediglich als Objekte von Verführungs- bzw. Betreuungsabsicht wahrzunehmen . . . Besitz ergreifenden Umarmung . . . "
 
 
  Der Vorsitzende des Rates derselben EKD hatte auf deren Synode wenige Monate vorher gefordert: "Die Kirche muss sich als ganze auf Mission einstellen und umstellen!"
 
  Sollte das wahr sein? Die EKD sieht potentielle Kirchensteuer-Zahler als "Objekte, die in Verführungs- bzw. Betreuungsabsicht mittels planmäßig durchgeführter, institutionell organisierter Aktivität Besitz ergreifend umarmt und zum Opfer christlicher Überhebung werden sollen" ? ? ?
 
  Gott sei Dank, nein. Nichtjuden werden anders behandelt! Präses Kock vor der Synode: "Wer das Evangelium von Jesus Christus als tragenden Grund seines Lebens erfahren hat, kann nicht anders, als davon Zeugnis zu geben, für diesen Herrn zu werben und andere einzuladen, sich ebenso auf ihn einzulassen . . . Nötig ist das leidenschaftliche Interesse an den Menschen unserer Zeit, an ihrer Verlorenheit und an ihrer von Gott verheißenen Zukunft."
 
  Judenmission: überhebliche, Besitz ergreifende Umarmung?
  'Atheisten'-Mission: leidenschaftlich interessierte, werbende Einladung?
  (Warum bloß sind Juden nicht auch eingeladen ? ? ?)
 
  Ist eine Kirchenleitung, die eine derart manipulierende Sprache nötig hat, selber noch im Status der Heilsnähe?
 


 
  Die Studie bringt viele gute und wichtige Anliegen. Besonders die Teile 4 und 5, wo die Praktiker zu Wort kommen, zeugen von großer Sach- kompetenz! Teil 3 dagegen fällt eher unter 'theologische Schundliteratur'. 
 
  Dieses Thema ist zu sensibel und umfangreich, als daß es hier mit einigen flapsigen Sätzen abgetan werden könnte. Deshalb nur eine kurze Anmerkung: Wenige Monate vorher wurde mit gewaltigem Aufwand und Getöse die "Gemeinsame Erklärung zur Rechtfertigungslehre" verabschiedet: "Alle Menschen bedürfen der Gerechtigkeit Gottes, denn 'alle haben gesündigt und die Herrlichkeit Gottes verloren' (Röm 3,23; vgl. Röm 1,18-3,20; 11,32; Gal 3,22) . . .
  . . . Die Rechtfertigung wird uns zuteil durch Christus Jesus, 'den Gott dazu bestimmt hat, Sühne zu leisten mit seinem Blut, wirksam durch Glauben' (Röm 3,25; vgl. 3,21-28) . . .
  . . . Allein durch Christus werden wir gerechtfertigt . . .
  . . . die Lehre von der Rechtfertigung . . . ist ein unverzichtbares Kriterium, das die gesamte Lehre und Praxis der Kirche unablässig auf Christus hin orientieren will . . . "
 
  Jahrelang feilschen die Lutheraner, ob die Lehre von der Rechtfertigung d a s  oder nur  e i n  Kriterium ist, an dem sich "die gesamte Lehre und Praxis der Kirche" zu orientieren hat. Und parallel dazu wird eine EKD-Studie erstellt, wo eben diese Lehre von der Rechtfertigung plötzlich gar  k e i n  Kriterium mehr ist; S. 55: ". . . das apostolische Zeugnis von der bleibenden Erwählung Israels neu entdeckt. Aus ihm ergibt sich für uns die notwendige Folgerung, dass Juden keineswegs im Status der Heilsferne und Heillosigkeit stehen. Unbeschadet der grundsätzlichen Universalität des christlichen Zeugnisses ist die Notwendigkeit besonderer christlicher missionarischer Zuwendung zu den Juden heute kritisch in Frage zu stellen."
 
  Na ja, so neu ist die Entdeckung des "apostolischen Zeugnisses von der bleibenden Erwählung Israels" nun auch wieder nicht. Von ihr weiß jeder Laie, der mal ernsthaft in die Bibel geschaut hat. Aber bedürfen Juden deswegen der Gerechtigkeit Gottes nicht? Haben sie nicht gesündigt? Wird allen Juden - von liberal bis ultraorthodox - das Heil genetisch vererbt? Werden sie gerechtfertigt geboren und kommen mittels ihres Reisepasses in den Himmel? Schöne Universalität.
 
  Über die "Gemeinsame Erklärung . . . " haben sich mehr als 250 Theologie-Professoren öffentlich beklagt. Über die EKD-Studie "Christen und Juden III" nicht ein einziger ! ! !  (Zumindest ist L nichts Derartiges bekannt.) Heißt das: von der Fachtheologie wird gegenüber Katholiken Krümelkackerei hoch fünf betrieben - und gegenüber Juden "das A und O des christlichen Glaubens" praktisch vollständig aufgegeben?
 


 
  Christus allein! Ehern steht diese Grundfeste des evangelischen Glaubens in des Professors Buch. Unerschütterlich vertritt er diese Aussage auf neunzehn Seiten.
 
  S. 128: "Daß die Rechtfertigung das Menschen allein in Jesus Christus geschehen ist, ist das A und O des christlichen Glaubens . . .
 
 Das Neue Testament pflegt auch sonst, wenn es von Jesus Christus redet, dessen exklusive Einzigartigkeit entweder ausdrücklich herauszustellen oder einfach als faktisch vorauszusetzen. So heißt es in Act 4,12 daß 'in keinem anderen das Heil ist; es gibt auch keinen anderen Namen unter dem Himmel, der den Menschen gegeben ist, in dem wir zu retten sind.' . . .
 
  Dasselbe besagen auch alle christologischen Hoheitstitel: einzig Jesus ist der Christus, einzig er ist Heiland und Herr der Menschen . . .
 
  'An ihn Glauben heißt, an ihn allein glauben (G. Ebeling)'. Das Christus allein schließt alle anderen Heilsmittler aus."
 
  Und Jesus sah ihn an und gewann ihn lieb und sprach zu ihm: Eines fehlt dir. Geh hin zum Kirchentag, sage dies laut und deutlich auf einer offiziellen Podiums-Diskussion zum Thema Judenmission. Als der Jüngling das Wort hörte, wurde er unmutig und ging davon; denn er legte großen Wert auf seinen guten Ruf . . . (Mk 10,22)?
 
 
  Immerhin, Jüngel wagt es, dem damaligen Ratsvorsitzenden der EKD zu widersprechen. Der war der Meinung (Bericht des Rates der EKD vor der Synode 1999): "Die Beauftragung der Kirche zur Mission richtet sich nicht an Israel, sondern nach Mt 28 an die 'Völker'. Damit ist nicht Israel gemeint, damit ist Israel auch nicht mitgemeint."
 
  "Machet zu Jüngern  a l l e  Völker", paßte wohl nicht richtig? Und Lk 24,47f vermutlich schon gar nicht: ". . . daß gepredigt werden muß in seinem Namen Buße zur Vergebung der Sünden unter allen Völkern. Hebt an zu Jerusalem . . . " Noch schlimmer dürften Apg 3,26 und 13,46 sein, wo Petrus bzw. Paulus und Barnabas vor Juden betonen: "Euch mußte das Wort Gottes z u e r s t  gesagt werden . . . " "Verbo" läßt grüßen!?
 
  Jüngel hingegen meint (ebenfalls vor der Synode): ". . . Israel gegenüber bemerkbar machen mit der Botschaft, dass der aus dem Geschlechte Davids geborene Jesus von Nazareth durch seine Auferstehung von den Toten als Gottes Sohn eingesetzt, definiert worden ist (Röm 1,3f): 'Christ, der Retter ist da!' Diese Wahrheit darf allerdings niemanden vorenthalten, muss also auch Israel gegenüber angezeigt werden . . .
 
  Das ist allerdings etwas ganz anderes, als der Versuch von Christen, 'Juden auf den christlichen Glauben [zu] verpflichten' (vgl. epd vom 9. November 1999, 6). Ihren apostolischen Auftrag kann die Kirche nur so erfüllen, dass dabei als Ziel aller Wege Gottes nicht etwa eine triumphierende Kirche in Betracht kommt, sondern dies, 'dass ganz Israel gerettet werde' (Röm 11,26). Die himmlische Polis, zu der sich auch das wandernde Gottesvolk der Christen unterwegs weiß, heißt . . . Jerusalem. In dieser Polis wird es dann allerdings weder einen jüdischen Tempel noch eine christliche Kirche geben . . .
  Dass wir Deutsche zu schweigen haben, bedeutet mitnichten, dass die Ökumene nichts zu sagen hätte. Auch sie hat hier allerdings nur insofern etwas zu sagen, als sie mit Israel gemeinsam  auf Gottes Wort hört."
 
  Einst war die Kirche "erbaut auf den Grund der Apostel und Propheten" (Eph 2,20). Steht sie heute auf dem der Diplomaten - jeder bekommt irgendwie recht?
 
 
  Ob es im himmlischen Jerusalem Tempel bzw. Kirchen gibt oder nicht gibt, mag ja recht bedeutsam sein. Zunächst ist jedoch wichtiger, wie kommen wir überhaupt dahin? Ist "solus Christus" Weg und Tür zur 'himmlischen Polis' oder gibt es noch einen Extra-Hintereingang für Juden?
 
  Wie kann denn 'ganz Israel gerettet werden'? Ist "Christus allein" der Retter oder haben Juden einen anderen Heilsmittler? (Vielleicht "des Gesetzes Werke"?)
 
  Es geht nicht darum, ob Juden missioniert werden müssen oder wie Juden missioniert werden müssen oder wer Juden missionieren muß. Die Frage lautet zuallererst: Ist "Christus allein" Wort und Wille dessen, der Erde und Himmel gemacht hat - oder ist das nur ein Marotte evangelischer Theologie? Um diesen Punkt machen all die eifrigen Anti-Juden-Missions-Diskutierer tunlichst einen großen Bogen.
 


 
  Professor Jüngel sieht das Problem. Und tut es ab mit einer Rand- bemerkung; versteckt in einer Fußnote; S. 129 (im Kapitel: "allein Christus . . . )
2 . . . Die damit sogleich sich einstellende Frage nach dem Verhältnis des christlichen Glaubens zu den anderen Religionen bedarf einer eigenen Erörterung, deren dringlichste Aufgabe es wäre, das kompromißlose 'solus Christus' davor zu bewahren, zur Legitimierung religiöser Intoleranz mißbraucht zu werden. Ist Christus unser Frieden (Eph 2,14), dann müßte im Duktus des über die Bejahung gegenseitigen Andersseins Ausgeführten die Exklusivpartikel 'Christus allein' geradezu als Grundlegung religiöser Toleranz in Betracht kommen."
 
 
  'Religiöse Toleranz', ein schöner Bergriff. Eine gute und wichtige Sache! Heißt das aber: "Christus allein" darf nur in Kirchen ausgesprochen werden? Ist das Bekenntnis zum "A und O des christlichen Glaubens" gegenüber Andersgläubigen automatisch Intoleranz?
 
 
  L kann sich nicht helfen, aber hier stinkt's. Es ist derselbe Geruch: "Christus allein" ist eine brauchbare Waffe gegen Katholiken; gegenüber anderen Religionen ist es aber unschicklich, dort ist "die Bejahung gegenseitigen Andersseins" angesagt. Heidnische Katholiken können nur durch das evangelische "Christus allein" gerettet werden; gläubige Nicht-Christen haben das nicht nötig; die sind schon gerettet und zwar nach ihrer jeweiligen religiösen Fasson ? ? ?
 


  L muß Buße tun! Er hatte behauptet, der Professor sage nie, was das denn ist, das Wort Gottes. Das stimmt nicht ganz. Einmal hat er es doch geschrieben; S. 215f: "Die wahre apostolische Sukzession ist die Sukzession in der Bezeugung der Wahrheit des Evangeliums, wie es im Kanon der Heiligen Schrift identifizierbar ist."
 
  Auf Seite 116 hieß es noch: "Und es ist der Aberglaube derer, die . . . Gottes Wort mit dem menschlichen Wort der Heiligen Schrift . . . unmittelbar identifizieren."
 
  ? ? ?  Ist Gottes Wort nun mit (in) der Heiligen Schrift zu identifizieren oder nicht? (Sollte die Betonung auf "in" oder "unmittelbar" liegen, dann liefe es hinaus auf die Frage: Wer ist die höchste Autorität - der Papst und die katholischen Kardinäle oder Jüngel und die evangelischen Professoren? Was L betrifft, so akzeptiert er weder die einen noch die anderen in dieser Rolle. Denn die ist bereits besetzt! Und zwar "sola scriptura"  a l l e i n  durch die Bibel.)
 
  Auch hier derselbe Geruch: Wenn es gegen die Katholiken geht, dann ist die Bibel wohl heiliges, unfehlbares Gotteswort und notfalls wort-wörtlich zu nehmen? Wenn es gegen 'sterile Orthodoxe' geht, die anhand der Bibel unbequeme Fragen stellen, ist sie interpretierungsbedürftiges menschliches Wort; dann muß "die Erkenntnis der Wahrheit immer wieder mit dem Anfang anfangen"? Immer so, wie man es gerade braucht? Sind theologische Überzeugungen heute nur noch taktische Manövriermasse?
 
  Spaßeshalber nochmals Professor Lindemann, einer der führenden (deutschen) Neutestamentler, im SPIEGEL 50/99 S. 136 (Das hatten wir zwar schon, aber weil's so schön ist . . .):
 
  "SPIEGEL: Was von allem, was in den Evangelien über die Auferstehung steht, ist Legende?
  Lindemann: Die Überlieferung vom leeren Grab und seinem Auffinden durch Frauen und Jünger . . .
  SPIEGEL: War das Grab denn leer?
  Lindemann: Das weiß ich nicht . . . "
 
  Und wieder staunt der Laie. Prof. Lindemann weiß nicht, ob das Grab leer war. Woher weiß er dann, daß die Überlieferung vom leeren Grab Legende ist? Oder andersherum: wenn er weiß, daß die Überlieferung vom leeren Grab Legende ist - warum sagt er dann nicht, daß das Grab 'nicht leer war'?
 
  Mt 21,24ff  "Jesus aber antwortete und sprach zu ihnen: . . . Woher war die Taufe des Johannes? Da bedachten sie's bei sich selbst und sprachen: Sagen wir, sie war vom Himmel, so wird er zu uns sagen: Warum habt ihr ihm dann nicht geglaubt? Sagen wir aber, sie war von Menschen, so müssen wir uns vor dem Volk fürchten, denn sie halten alle Johannes für einen Propheten. Und sie antworteten Jesus und sprachen: Wir wissen's nicht."
 
  Lindemann sagt erstaunlich offen und ungeschützt seine Meinung. Das ist ihm hoch anzurechnen ! ! !  Aber warum sagt er nicht, daß - seiner Meinung nach - das Grab 'voll' war und "Jesus verfault ist wie jeder andere"? Verläßt ihn hier die Courage - aus Angst vor dem Volk?
 


 
  Es geht das Gerücht, in den deutschen Landeskirchen existieren jeweils (mindestens) "zwei Kirchen unter einem Dach". Beide haben eine je eigene Rechtfertigungslehre - und folglich auch je eigene Vorstellungen von Mission. (S. a. II. 3. und 5. "Konsequente Inkonsequenz I und II") Kämpferische Vertreter aus beiden Lagern sitzen in der EKD-Synode. Der Boden ist mit Fettnäpfchen förmlich gepflastert! 
 
  Dennoch, Professor Jüngel wagt sich in die Höhle der Löwen! Und hält dort  das Grundsatzreferat: "Der missionarische Auftrag der Kirche an der Schwelle des 3. Jahrtausends: . . . ahnte ich nicht, worauf ich mich eingelassen hatte. Ich hatte nicht bedacht, dass es sich bei dem Thema 'Mission und Evangelisation' zwar um eine ganz elementare Eigenart, um eine konstitutive Grundstruktur der christlichen Kirche handelt, dass aber dieses Einfachste überaus komplex ist: Missverständnisse provozierend, ja Ärgernis erregend . . .  
  dass ich kaum mit einem mehr oder weniger akademischen Referat, sondern eher mit einer pastoralen Meditation dem Schwerpunktthema gerecht werden könnte. Ich bitte sie also, mit mir gemeinsam zu meditieren . . . "
 
  Also meditiert Jüngel denn. Er tänzelt förmlich um die Fettnäpfchen herum: sagt einiges, was den Linken gefällt und die Rechten nicht bestreiten können; und einiges, was den Rechten gefällt und die Linken nicht bestreiten können. So hat jede Seite genau die Schlagzeilen, die sie braucht . . .
 
  Und das Ergebnis: die Löwen nicken beifällig, Professor Jüngel wird von allen gelobt - und anschließend geht man zur Tagesordnung über. So als sei nichts gewesen ? ? ?
 
 
  Sicher, vor einer Synode bedarf es eines gewissen diplomatischen Geschickes. Die unterschiedlichen Strömungen in unserer Kirche lassen sich nur schwer zusammenhalten. Vielleicht geht es nicht anders? Dennoch, der christliche Glaube rührt her von einem König, "der dazu geboren und in die Welt gekommen ist, daß er für die Wahrheit zeugen soll" (Jh 18,37). Dieses Zeugnis hat er mit dem Leben bezahlt! Die evangelischen Kirchen sind entstanden, weil Luther für diese Wahr- heit buchstäblich Kopf und Kragen riskiert hat. Eine Wahrheit, die seit fast 2000 Jahren lebendig ist, weil es immer wieder Christen gab, die ihr Leben dafür einsetzten. Das Blut der Märtyrer ist der Same der Kirche!
 
 
  Und heute? Ist heute die Wendigkeit der Diplomaten das Krebs- geschwür der Kirche? Es deutet einiges darauf hin:
 
  H. Conzelmann: "Die Kirche lebt praktisch davon, daß die Ergebnisse der wissenschaftlichen Leben-Jesu Forschung in ihr nicht publik sind"?
 
  H. Zahrnt 1966 (S. 11): "Fast mit Bestürzung haben wir in den letzten Jahren immer wieder erfahren, wie man der Gemeinde die Erkenntnisse der Theologie vorenthalten, ja sie ihr bewußt verschwiegen hat, wie groß daher die Verwirrung in ihr heute ist."
 
  "Die Kirche" 1999 (nochmals): "Die Kirchen, so lautet das vernichtende Urteil einer jetzt vorgestellten Studie des Institutes für Medienanalysen, haben ein überaus schlechtes Image bei den Medien . . . Die evangelische Kirche erkaufe sich Wohlwollen durch angepaßtes Verhalten und Nichtpräsenz . . . "
 
  H. Thielicke 1986 "Auf der Suche nach dem verlorenen Wort"; Seite 143 (im Blick auf die Kirchentage): "Die Berührungsscheu gegenüber dem Begriff 'Zensur' ist offenbar so groß, daß jeder normative Instinkt zu ersterben scheint, so daß Froschlaich direkt ein Festkörper gegenüber diesem zerfließenden und konturenlosen Gebilde 'Protestantismus' ist."   
 
  Es wäre interessant, zu erfahren, was Theologen wirklich denken! Lindemanns Fast-Namensvetter Lüdemann ist kein Christ. Vielleicht hat er sich dennoch einen kirchlichen Nobelpreis verdient - den für Ehrlichkeit?
 
  (Immerhin, die von Zahrnt benannte Verwirrung in den Gemeinden hat merklich nachgelassen. Denkende Christen, die akademischer Theologie bewußt wahrnehmen, scheinen inzwischen nahezu ausgestorben zu sein; zumindest hier in der Kirchenprovinz Sachsen.)
 


 
  Die EKD hat also offiziell festgestellt, "dass Juden keineswegs im Status der Heilsferne und Heillosigkeit stehen" ("Juden und Christen III, S. 55). Wenn beide Glaubensformen im Blick auf das Heil identisch sind, dann dürfte das auch gelten im Blick auf das 'Unheil'; d. h. auf die Probleme und Gefahren, die beiden Seiten innewohnen. Dann sollte sich  evangelische Theologie auch den Fragen stellen, die sich Juden bereits vor Jahrhunderten anhören mußten. Zum Beispiel Mt 9,36ff: "Und da er das Volk sah, jammerte ihn desselben; denn sie waren verschmachtet und zerstreut wie die Schafe, die keinen Hirten haben. Da sprach er zu seinen Jüngern: Die Ernte ist groß, aber wenige sind der Arbeiter. Darum bittet den Herrn der Ernte, daß er Arbeiter in seine Ernte sende."
 
  "Hier stehe ich und kann nicht anders"?  Gott helfe uns ! ! !  Möge ER seiner Kirche wieder Theologen schenken, denen die Wahrheit wichtiger ist als ihr guter Ruf . . .
 
 

*     *     *

*     *
 
 
  Nach dieser - zugegeben etwas sehr langen - Vorrede nun endlich zur Sache selber: Eberhard Jüngel "Das Evangelium von der Rechtfertigung des Gottlosen als Zentrum des christlichen Glaubens"!

 

 

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