Der folgende Text wurde bereits sehr früh in die SONNTAG-Diskussion eingebracht. Aber er wurde von der B-Fraktion wieder und wieder in den höchsten Tönen gerühmt - wohl weil er deren Geisteshaltung trefflich beschreibt. Insofern ist dieser Text gewissermaßen eine prophetische Bilanz; d. h. eine, die gezogen wurde, bevor das Gespräch stattgefunden hat.
Über die Kathedrale des Wortes
- und diejenigen, die an ihrem immerwährenden Bau mitwirken
Abaelard sagt:
7. Juli 2012 um 11:01
Lieber Hilarius … wie Du siehst, es hat sich nicht geändert über die vielen Jahre. Noch immer schmähen sie meinen Verstand, nennen meine Klugheit Stolz und mein Wissen eitel. Noch immer erhebe sie ihr Wehgeschrei. Warum? Weil ich mich weigere, gedankliche Dürftigkeit und Faulheit des Denkens Gottes Torheit zu nennen. Du weißt und hast es ja geschrieben, wie hoch wir Gottes Torheit über unserer Weisheit loben. Aber wie Du auch schon geschrieben hast – nur Gottes Torheit, nicht die sich selbst erhebende Dummheit von Menschen. Also stürmen sie gegen uns an, weil sie gekränkt sind. Nichts hat sich geändert in all den vielen Jahren. Doch! Etwas ist anders. Bernhard hat nun keinen Papst mehr, den er mit seiner Frömmigkeit gegen mich aufbringen kann; keine Bischöfe, die als Handlanger gegen mich wüten können; keinen König mit seinen Bütteln, die er auf mich hetzen kann. Und ich benötige keinen Petrus mehr, der meine Lauterkeit bekennt, meine Frömmigkeit bezeugt und mein Leben schützt. Gut gebrüllt, Löwe. Aber dir sind die Zähne gezogen. Ein Hauskater bist Du geworden, Bernhard. Und erlaube mir die Selbstironie: ein kastrierter noch dazu.
So sieht es aus, lieber Hilarius. Sie toben und jammern und unterstellen Gott ihre Unvernunft. Wir loben Gott, dessen Vernunft höher ist als alles, was wir erfassen. Und darum antworten sie auch auf Deine Fragen nicht. Weil sie merken, daß dazu Dialektik nötig ist. Aber die halten sie in ihrer Angst wohl für ein Werkzeug des Versuchers (– Aber wer versucht da?). Statt dessen beschimpfen sie Euren und meinen Hochmut und rühmen sich ihrer Demut – auch das ist skurril. „Herr, ich danke Dir, daß ich nicht so hochmütig bin wie Hilarius, Gert Flessing und vor allem dieser verfluchte Abaelard. Ich demütige mich zweimal in der Woche …“ Kennst Du das Zitat: Mr. X ist ein bescheidener Mann. Er hat aber auch allen Grund, bescheiden zu sein.
Sie können uns nicht mehr schaden. Aber selbst wenn sie es könnten, werden wir ihnen nicht das Feld überlassen. Wir werden weiter schreiben und deutlich machen, daß der Glaube, daß die Bibel, daß das Leben mit Gott wundervoll ist. Auch wenn sie es so anders darstellen.
Es hat mein Herz erfreut, wieder von Dir zu hören. Es hat die Fenster in eine schöne Vergangenheit geöffnet. Und denke immer daran: Wir kämpfen nicht gegen jemanden, sondern für etwas. Dafür, daß die Schönheit des Glaubens sichtbar wird und für die Menschen, die suchen und verzweifeln, weil sie nicht die Quelle des ungetrübten Wassers finden. Gott sei mit Dir
Abaelard sagt:
8. Juli 2012 um 13:03
Lieber Hilarius, Du siehst, wie die Diskussionen weitergehen. War also alles umsonst, was wir geschrieben haben? Nein. Denn wir haben unsere Stimme erhoben für die Wahrheit und Schönheit des Glaubens und sie konnten es nicht verhindern. Sie haben getobt, geschmäht und geschimpft. Aber sie konnten es nicht verhindern. Und sie können nicht verhindern, daß es nun da steht. Es kann lesen, wer will – der Glaube an Gott ist nicht widernatürlich und steht nicht im Gegensatz zur Vernunft.
Sie nennen sich Fundamentalisten, weil sie meinen, es brauche ein Fundament. Recht so. Aber das Fundament hat die Aufgabe, den lichten Bau zu tragen, der dem Himmel entgegen wächst – mit großen Fenstern in die Welt und einem Dach unter dem bestirnten Firmament als Zeichen, daß es nicht der Turm zu Babel ist und daß die Gottes Gnade über uns wacht. Sie aber vergraben sich im Fundament aus Angst vor dem, was oben ist zwischen Erde und Himmel. Sie nennen die Bibel Fundament – gegen die Bibel, die uns sagt: es kann keiner einen anderen Grund legen als den, der gelegt ist: Jesus Christus.
Mit der Bibel beweisen sie, daß die Bibel die Bibel ist (Die Bibel ist Gottes Wort. Das steht in der Bibel. Und weil die Bibel Gottes Wort ist, stimmt, was in der Bibel steht. Und deshalb ist die Bibel Gottes Wort.). Sie merken nicht, daß sie göttliche und menschliche Vernunft damit beleidigen. Gegen die Bibel nennen sie die Bibel Gottes Wort. Das Evangelium des Johannes bezeugt Jesus Christus als das Wort Gottes, das Fleisch wird – als das lebendige Wort Gottes, welches schärfer ist als jedes zweischneidige Schwert. Dieses eine Wort bezeugen die Schriften. Aber sie sind Materialisten. Sie wollen das Wort Gottes zum Anfassen. Dabei machen sie dieses so unglaublich kostbare Buch lächerlich und zum Gespött vor der Welt (Siehe: Die Dreisten erheben sich und lästern: So etwas glauben die Christen!).
Sie sind Psychiker – sie wollen nicht vertrauen, sie wollen Sicherheit. In gewisser Weise führen sie fort, was Magister Anselm schon gesucht hat: einen bewiesenen Gott. Sie beschimpfen die Theologen und loben den einfachsten Mönch. Dabei vergessen sie, daß dieser ein Theologe war, sogar ein Doktor der Theologie. Und was tat der? In eigener Vollmacht änderte er die Ordnung des Neuen Testaments und nannte Teile der Schrift stroherne Epistel.
Sie meinen, alle Schrift sei gottgehaucht. Da steht: Alle Schrift! Also auch die Schriften Platons oder Epikurs? Bei denen hatte ich schon oft den Verdacht. Aber auch, wenn die modernen Theologen etwas schreiben – gottgehaucht? Da steht ja alle Schrift. Oder fangen wir auf einmal an, an den Schriften zu deuteln? Sie wissen nicht zu unterscheiden zwischen der Abfassung der Schriften und der Kanonbildung. Sie wissen nicht, daß die Kirche in einem langen Prozeß entschieden hat, welche Schriften Teil des Neuen Testaments werden sollen und welche nicht. Aber sie urteilen.
Das alles wäre nicht schlimm, wenn sie nicht unerträgliche Lasten auf andere Menschen legen würden. Wenn sie ihr Leben im Fundament verbringen wollen, sollen sie nicht die Flügel der anderen beschneiden. Sie wissen nicht, daß die wahren Anbeter in Geist und Wahrheit anbeten. Sie wissen nicht, daß Glauben vertrauen heißt; nicht manifeste Sicherheit …
Haben wir umsonst geredet? Wir können nicht schweigen von dem, was uns treibt und wichtig ist. Und wir bitten alle, die bekümmert sind: Laßt Euch nicht bekümmern. Lobt Gott mit Eurem Leben, nicht mit dem, was andere für Euch festlegen. Wenn die Liebe Euch treibt, dann geht Ihr nicht irre, wie Augustin schon wußte.
Abaelard sagt:
9. Juli 2012 um 16:34
Lieber Hilarius … Ich fürchte, in Markerbach werde ich eher für Unkraut gehalten. Doch wie schreibt Tertullian: „möge es der Wahrheit vergönnt sein, wenigstens auf dem verborgenen Wege stummer Schriften zu euren Ohren zu gelangen. Sie sucht nicht durch Bitten ihre Sache zu bessern, weil sie über ihre Lage nicht einmal verwundert ist. Sie weiß wohl, daß sie als Fremdling auf Erden weilt und unter Fremden leicht Feinde findet, daß sie im übrigen aber ihre Herkunft, Heimat, Hoffnung, ihren Lohn und ihre Würde im Himmel hat“ Und Du weißt, wie es dem Propheten geht.
Auch ich kenne Beobachter, diesen Wiedergänger durch die Jahrhunderte; auch ich kenne seinen wahren Namen. Auch ich werde ihn nicht nennen. Aber sein Leben ist sein Lohn.
Treten wir nun aus der Welt der vieldeutigen Zeichen in die offene Welt der Beziehungen ein. Ich freue mich auf den August. Wir werden viele Geheimnisse teilen. Ihr alle, die Ihr den Glauben, die Liebe, die Hoffnung ernst nehmt und dabei lächeln könnt – laßt Euch nicht verdrießen. Kämpft den guten Kampf des Glaubens, dazu Ihr berufen seid. Das ist zwar nicht von Paulus, aber trotzdem schön.
Ihr anderen aber: Ihr Lastenauftürmer und Seelenbeschwerer, Ihr möget Euch freuen, daß ich jetzt verstumme. Freut Euch nicht zu früh, daß ihr die Bremse los seid, die Euch gestochen hat. Freut Euch nicht zu früh. Es werden andere kommen und viele und ihre Stimmen erheben. Es werden viele kommen aus anderen Zeiten und Kulturen; nicht aus meiner höfischen, in der wir gelernt haben, das Große und Erhabene zu loben und das Niedrige und Verächtliche mit Schweigen zu mißachten. Sie, die kommen werden, werden andere Worte gebrauchen. Sie werden die Sprache der Propheten sprechen, die Sprache der einfachen Menschen, die sich keine Angst mehr machen lassen vor der Hölle und dem Teufel, sie werden die Sprache Jesu sprechen.
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