Presse-Andachten
Reformationstag (31. 10. 98)
Am 31. 10. 1517 hatte ein katholischer Mönch einen Zettel an eine Kirchentür genagelt. Daraufhin gab es gewaltige Aufregung. Ganz Deutschland hat darüber diskutiert. Kriege wurden deswegen geführt. Eine neue Kirche entstand. Das Ereignis ist Vater Staat so wichtig, daß wir diesen 31. 10. feiern sollen. Wir brauchen nicht zu arbeiten und kriegen ihn trotzdem voll bezahlt (Sofern er nicht dummerweise auf einen Samstag fällt.) All das wegen eines Zettels an einer Kirchentür. Vor 481 Jahren ! ! !
Und heute? Wenn Pfarrer Zettel in kirchliche Schaukästen nageln (oder in die Zeitung, in Rundfunk und Fernsehen), wen interessiert das überhaupt noch? Vielleicht sprechen einige Fachleute darüber, aber der 'Mann auf der Straße' nimmt das überhaupt nicht zur Kenntnis. Wir haben ganz andere Sorgen. Kirche und ihre Themen berührt uns einfach nicht mehr.
Der Grund dafür ist vermutlich ganz einfach. Damals, zu Luthers Zeiten, waren die Menschen zutiefst überzeugt, es gibt so etwas wie Gerechtigkeit. Ob ein Mensch Gutes tut oder Böses, bleibt für ihn nicht ohne entsprechende Folgen. Gott im Himmel wacht über unserer Welt. Er wird die Bösen bestrafen bzw. die Guten belohnen. Jüngstes Gericht, Himmel und Hölle galten als selbstverständliche Realitäten.
Heute lacht man nur noch darüber. Es macht sich immer mehr die Überzeugung breit, „der Ehrliche ist der Dumme“. Lüge, Betrug, Heuchelei haben keinerlei nachteilige Folgen. Höchstens für den, der sich dabei erwischen läßt. Wir alle haben schon zuviel erlebt, um noch an Wahrheit, Gerechtigkeit oder gar einen Gott der Liebe glauben zu können.
Dennoch, genau hier liegt die tiefste Wurzel der Reformation bzw. der evangelischen Kirche. Luther hatte gemerkt, Gott ist nicht so, wie der Papst in Rom (damals) behauptet. Gott läßt sich nicht überlisten. Man kann ihn auch nicht bestechen mit Geld, Kirchgängen oder einigen guten Taten. Gott ist gerecht. Und zwar unerbittlich; ohne Wenn und Aber!
Darum, wenn wir Reformationstag 'feiern', dann feiern wir sinnigerweise das Wissen um Wahrheit und Gerechtigkeit. Es gibt Substanz, Klarheit, Licht in unserer trüben, grauen Welt. Der Ehrliche ist letztlich doch der Schlaue. Lüge und Betrug sind Grenzen gesetzt. Zumindest ist das die Überzeugung Luthers, der Bibel und des christlichen Glaubens.
Falls jemand der Meinung ist, dies ist gar kein Grund zum Feiern sondern eher einer zum Erschrecken - Luther teilte diese Ansicht. Bis er die andere Seite der Gerechtigkeit Gottes entdeckte: Gott läßt sich nicht bestechen oder austricksen. Aber er läßt sich bitten. Und dann kann und wird Gott Vergebung, Klarheit, Substanz auch in das trübste Leben s c h e n k e n. Weil Jesus Christus die Strafe, die wir verdient hätten, auf sich genommen hat,
Luther hat das erlebt. Und nach ihm unzählige evangelische Christen auch. Deshalb gibt es noch immer Menschen, die den Reformationstag mit großer Freude und tiefer Dankbarkeit wirklich feiern - aus ganzem Herzen.
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