Frommes Allerlei
Der feine Unterschied
Liebe Gemeinde!
Wie ihr alle wißt, bin ich ein sehr stiller, sehr bescheidener, zurückhaltender Mensch. Trotz dieser meiner beispielhaften Demut muß ich euch gestehen: Ich hatte eine Vision; eine himmlische Erleuchtung.
Ich sah - mit meinem inneren Auge - zwar nicht den Himmel offen; aber immerhin ich sah die Tür zum Himmel. Zu meinem Erstaunen war das ein relativ schlichter Eingang. Eine hohe Mauer; man konnte nicht sehen, was dahinter war; und in dieser Mauer eine kleine Pforte; stabil, aber eben sehr schlicht.
Und vor dieser Tür eine ebenso schlichte Holzbude; etwa so eine wie man sie auf Weihnachtsmärkten sieht, wo Bockwürste oder Stollen verkauft werden. In dieser Bude saß Petrus mit langem grauem Bart. Vor ihm, auf dem Verkaufstisch stand nicht etwa - wie man annehmen könnte - ein Computer, nein da lag ein ungeheuer riesiges Buch.
Und wie ich so schaute, kam ein älterer, sehr vornehm wirkender Herr und stellte sich vor Petrus hin. "Sie wünschen?" knurrte der. Der ältere Herr kuckte etwas pikiert: "Ich möchte in den Himmel." "Name?" "Prof. Dr. Lehmann" "Vorname?" "Adalbert." "Letzter Wohnort?" "Haldensleben."
Während der Herr sich vorstellte, begann das riesige Buch plötzlich die Seiten umzublättern und von ganz allein die Seite mit Lehmann aufzuschlagen. Dort leuchtete eine Zeile auf; allerdings da stand nichts, da war ein weißer, leerer Streifen. Petrus warf einen Blick darauf und brummte: "Da, bitteschön, sie dürfen nicht hinein."
Der Prof. zog leicht die Augenbrauen hoch: "Und wieso das?" Petrus wies auf das Buch: "Hier, wo sie stehen müßten, ist ein weißer Fleck. Ihr Name steht nicht drin."
Daraufhin lächelte der Prof. herablassend: "Mein lieber Herr Petrus; ich fürchte, sie verkennen die Situation. Ganz abgesehen von meinen beruflichen Verdiensten - ich war mehrere Jahre in einem Gemeindekirchenrat und habe der Kirche nicht unerhebliche Spenden zukommen lassen; ich besitze in der Öffentlichkeit einen ausgezeichneten Ruf und bin als religiöser Mensch bekannt. Hier liegt eindeutig ein Irrtum vor." "Das Buch irrt sich nie." "Na gut, dann möchte ich sofort ihren Vorgesetzten sprechen!"
Jetzt lächelte Petrus ebenfalls: "Mein lieber Herr Prof. Dr. Adalbert Lehmann; sie können diskutieren so lange sie wollen; sie kommen hier nicht rein. Da hinten ist die Hölle, dort werden sie mehr Glück haben."
Während sie so diskutierten, kam eine noch relativ junge Dame angeschlichen und stellte sich etwas verschüchtert drei Schritte hinter den Professor. Petrus, leicht in Rage, knurrte sie an: "Und wer bist du?" "Hampel . . ." "Vorname?" "Regina." "Von wo?" "Aus Chemnitz . . ."
Während das riesige Buch die Seiten umschlug, stutzte Petrus plötzlich: "Regina Hampel aus Chemnitz . . . ? Bist du etwa die Regina Hampel aus Wittgensdorf ? ? ?" "Jaa" schluchzte die junge Dame schüchtern.
Was dann geschah, läßt sich nur schwer beschreiben; denn der Petrus fing an zu strahlen wie eine Fettbemme; sprang auf, stürmte aus seiner Bude raus und stürzte sich auf die arme Frau. Er umarmte sie: "Willkommen! Willkommen ! ! !" Dann packte er sie bei den Schultern: "Schön, daß du da bist; wir warten schon alle auf dich!" Dann umarmte er sie erneut: "Willkommen! Willkommen!"
Schließlich flüsterte er ihr zu: "Ich soll es dir ja eigentlich nicht verraten, aber du sollst sofort zum Chef kommen! Er erwartet dich!" Dann legte er den Arm um die junge Dame und brachte sie zur Himmelstür. Die ging - wie scheinbar alles dort - ganz von alleine auf. Von drinnen klang es etwa so wie in einem Opern-Theater vor Beginn der Vorstellung: gedämpftes Stimmengewirr, ein Haufen Leute unterhielten sich; einige Engel schienen ihre Harfen zu stimmen; man hörte alle möglichen Instrumente piepsen und pfeifen; ein Chor sang bzw. summte sich ein . . .
Petrus sagte zu der jungen Dame: "Einen Augenblick bitte"; dann trat er in die Tür und brüllte: "Ruhe bitte ! ! !" Die Geräusche wurden leiser; es dauerte zwar eine ganze Weile, aber dann trat tatsächlich Ruhe ein. Und Petrus rief: "Die Regina ist da!" Dann drehte er sich um und schob die junge Dame durch die Tür: "Bitteschön; jetzt bist du dran."
Drinnen war einige Augenblicke Ruhe, eben himmlische Ruhe; dann brach ein geradezu - Entschuldigung - Höllenlärm los: Applaus, Klatschen, einige riefen wieder "Willkommen; willkommen"; andere schrieen: "Grüß dich, Regina, komm rein." Alles lärmte und brüllte wild durcheinander.
Dann ebbte dieser Lärm wieder ab; es trat einige Momente Ruhe ein. Und mit einem Male erklang Musik. Himmlische Musik; die läßt sich beim besten Willen nicht beschreiben. Engel und Menschen sangen, die tollsten Instrumente erklangen . . . Es klang wie ? ? ? - eben wie im Himmel. Unbeschreiblich, unvorstellbar schön!
In dem Moment ging die Himmelstür wieder zu, leider, und Petrus schlurfte seufzend zurück in seine Bude: "Zu schade, daß ich da nicht dabei sein kann." Kaum saß er wieder hinter seinem Buch, stand der Professor wieder da: "Sag mal Petrus, war das nicht die Frau Hampel aus Chemnitz?" "Ja, das war unsere Regina aus Chemnitz." "Ich kenne sie zufällig; sie und ihre Familie. Was ist denn an der so Besonderes?
Wieso darf die da rein und ich nicht ? ? ?
(Für alle, die eingeschlafen sind, singen wir jetzt ein Lied zur Aufmunterung. Danach geht's weiter.)
Tja, wieso darf die eine da rein, in den Himmel, und der andere nicht ? ? ? Zum Glück ging die Vision noch weiter. Als der Professor diese Frage stellte, lehnte sich Petrus zurück und sah ihn mitleidig an: "Wenn du aufgepaßt hättest, dann wäre dir aufgefallen: Die Regina hat einen Stempel, ein Siegel auf der Stirn. Dieses Siegel ist unten auf der Erde auch schon da, allerdings unsichtbar; bzw. da können es nur die sehen, die Augen dafür haben. Hier an der Himmelstür wird es langsam für alle sichtbar; aber da drinnen, im Himmel, da strahlt es wie eine Krone. Und auf diesem Siegel stehen die großen und gewaltigen Worte:
K I N D G O T T E S ! ! !
Verstehst du das? Du bist Professor, Doktor und was nicht alles; sie aber ist die Tochter vom ganz großen Chef ! ! ! Du, Professor, hast manches Gute getan und Beachtliches geleistet; das bestreite ich gar nicht und will es auch nicht abwerten. Aber das zählt hier nicht! Hier dürfen nur Familienangehörige rein; nur die, die dieses Siegel tragen; die Gottes Kinder sind. Da drin ist eine Familienfeier; eine geschlossene Veranstaltung; Zutritt nur für Familienangehörige!"
Der Professor schüttelte den Kopf: "Na gut, meinetwegen; aber trotzdem, was ist an der so Besonderes, wieso habe ich dieses Siegel nicht auch? Womit hat sie sich das verdient?"
"Ganz einfach", sagte Petrus, "sie hat JA gesagt. Schlicht und einfach JA. Das ist alles."
Um die Sache etwas zu vereinfachen, gebe ich die folgende Unterhaltung teilweise mit meinen eigenen Worten wieder. Und zur besseren Übersicht ist Petrus grün und der Professor blau.
Also, "Womit hat sie sich das verdient?" Petrus sagte dazu sinngemäß: "Der Chef macht jedem Menschen - ohne Ausnahme jedem Menschen - das Angebot, Gottes Kind zu werden. Wer dieses Angebot annimmt und ehrlichen Herzens antwortet: 'Ja, ich will', der bekommt das Siegel. Dessen Name wird in dieses Buch geschrieben. Dem schenkt der Chef allen Segen des Himmels, seinen Schutz, seine Hilfe, seine Liebe - ohne jede Einschränkung, ohne Wenn und Aber.
Wenn aber jemand sagt, 'das habe ich nicht nötig' oder auch 'mal sehen, eventuell, vielleicht, möglicherweise usw.'; dann sagt Gott: 'In Ordnung, dann eben nicht.' Zwischen Himmel und Hölle gibt es nur diesen einen feinen, winzigen Unterschied: nämlich das kleine Wörtchen JA."
Der Professor - er war nicht umsonst Professor - griff sich an den Kopf: "So ein Schwachsinn! Da können ja die ganzen Verbrecher und sonstige Lumpen drei Minuten vor ihrem Tod einfach "ja" sagen, und dann kommen sie in den Himmel. Und wir anständigen Leute leben ein Leben lang anständig und ordentlich und kommen trotzdem in die Hölle. Das ist eine himmelschreiende Schweinerei. Und solch ein Gott will ein gerechter Richter sein. Da lachen ja die Hühner." Der Professor wurde richtig wütend.
Petrus sah ihn einige Augenblicke sehr nachdenklich an: "Bist du tatsächlich so anständig und ordentlich ? ? ? Und selbst wenn, denkst du wirklich, das reicht? Jeder Mensch hat in sich eine Art seelischen Speicher; gewissermaßen eine 'psychische Festplatte' (wie beim Computer); vornehme Leute würden sagen das Unbewußte. Und dort wird das ganze Leben aufgezeichnet; vom allerersten Augenblick bis zum allerletzten Atemzug; alles, ohne Ausnahme, jeder Gedanke, jedes Gefühl, was er geredet hat, was er getan hat; alles.
Und wenn er dann da rein kommt in den Himmel, dann wird das alles, für jedermann sichtbar. Willst du dir das wirklich antun? Daß dein ganzes Leben da drin vor Engeln und Menschen offenbar wird; all deine geheimsten Gedanken, all die Situationen, wo du alleine warst, wo keiner zuschauen durfte? Willst du das wirklich?"
Der Professor war merklich ruhiger geworden. "Und die Frau Hampel? Die ist doch auch kein Unschuldsengel! Wieso kann die das?"
"Tja, das ist eben das große Wunder. Als sie JA gesagt hat, wurde ihre Festplatte komplett gelöscht und neu beschrieben. All das, was sie jemals ausgefressen hatte, existiert nicht mehr! Es gibt in ihrem Leben, in ihrem Unbewußten kein Stäubchen mehr, nicht das geringste! Das alles ist weg; und dafür, an dessen Stelle, hat sie die Gerechtigkeit und die Reinheit Gottes erhalten. Sie ist wie eine Heilige; sie strahlt von der äußersten Haarspitze bis zur Fußsohle in weiß; in leuchtendem, strahlendem Weiß! Die Gott lieben sind wie die Sonne, die aufgeht in ihrer Pracht!"
"Na gut Petrus, wenn du das sagst, muß es ja stimmen. Aber ist das nicht ein bißchen einfach?"
"Einfach, sagst du; einfach ? ? ? Der Chef hat sein Leben dafür gegeben! Er selber hat all die Schuld der Menschen auf sich genommen. Er mußte sterben, damit die Festplatten gelöscht werden können. Die Regina kommt in den Himmel, weil Jesus Christus für sie und ihre Schuld gestorben ist. Das war alles andere als einfach.
Und du kommst in die Hölle, weil du ihn nicht an deine Festplatte, dein Innerstes rangelassen hast. Verstehst du: Jesus stirbt für dich; und du zeigst ihm die kalte Schulter: 'Nein Danke, kein Bedarf, ich kann mir selber helfen, ich bin selber gut genug.' Das ist nicht nur dumm, das ist auch eine ungeheure Frechheit."
"Na gut, da sagt jemand JA und die Festplatte wird gelöscht. Aber danach macht er doch wieder neuen Mist. Ich könnte dir Geschichten erzählen über Christen; auch über deine Regina und ihre fromme Truppe da in der Gemeinde. Wenn du wüßtest, was dort manchmal los ist . . ."
"Mag sein, lieber Professor, aber man kann immer wieder neu JA sagen. Wenn jemand ehrlichen Herzens sagt: 'Ja, Jesus, ich habe Quatsch gemacht', dann wird der Speicher erneut gelöscht, dann wird die Schuld wieder vergeben. Und wieder und wieder und wieder . . . ohne Ende, ohne Ausnahme. Weil Jesus Christus für uns gestorben ist, gibt es Vergebung für alle unsere Schuld!"
Der Professor überlegte eine Weile. Dann sagte er: "Ich verstehe etwas von Psychologie. Das mit dem psychischen Speicher stimmt vermutlich tatsächlich. Aber woher weiß ein Mensch, ob seine Schuld nun tatsächlich gelöscht ist? So ein JA ist leicht gesagt, wer weiß denn, ob das wirklich zählt. Die Seele eines Menschen, seine Gefühle, seine Glaube sind mitunter eine sehr, sehr wacklige Geschichte.
Mal glaubt er und fühlt sich gut; am nächsten Tag ist von Gott nichts mehr zu merken. Gibt es so etwas wie Sicherheit? Gibt es so etwas wie die Gewißheit, ein Kind Gottes zu sein?"
"Selbstverständlich. Zuallererst; unsere Schuld wird vergeben, weil Jesus Christus für uns gestorben ist. Das hat nichts zu tun mit meinen Gefühlen oder Stimmung oder Seele oder was auch immer. Das ist eine Tatsache. Wer das 'von Herzen glaubt und mit dem Munde bekennt', der ist ein Kind Gottes. Das ist Fakt! Am Kreuz Jesu kann nichts und niemand rütteln.
Darüber hinaus gibt es Hilfsmittel: Taufe, Abendmahl, die Bibel, Beichte . . . Wer sich unsicher ist, hat die Möglichkeit, seine Festplatte gemeinsam mit einem anderen Christen zu Jesus zu bringen. Er hat die Möglichkeit, seine Schuld konkret beim Namen zu nennen, die dicksten Brocken auszusprechen und dann gemeinsam mit diesem anderen Christen Jesus um Vergebung, um Reinigung, zu bitten.
Das ist nicht Bedingung; aber es kann eine große, große Hilfe sein. Zum einen, weil sich dort zeigt, ob das JA wirklich ernst gemeint ist. Zum anderen: dadurch wird die Gewißheit eingeprägt und setzt sich im Herzen fest. Wer auf diese Weise sein Leben von Jesus reinigen läßt, dessen Glaube bekommt Wurzeln und wird stabil; solch ein Glaube ist nicht mehr so leicht zu erschüttern."
"Na gut, letzte Frage: kann es passieren, daß jemand Kind Gottes ist und trotzdem in der Hölle landet?"
"Das ist völlig unmöglich! Wenn jemand ehrlich JA sagt, den kann nichts und niemand aus Gottes Hand reißen. Das ist völlig unmöglich! Allerdings es kommt vor, daß manchem mit der Zeit dieses wichtiger wird und jenes wichtiger wird. Und so entfernt er sich allmählich Stück für Stück vom Glauben, bis er irgendwann das JA vergißt. Und das ist dann immer eine sehr, sehr traurige Sache. Darum sollte jeder darauf achten, daß sein JA frisch bleibt und ehrlich und lebendig. In der Bibel steht dazu: Halte, was du hast, daß niemand deine Krone nehme."
An dieser Stelle war die Vision leider zu Ende.
Amen.
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